'Himbeerpalast' Umbau, Erlangen, Deutschland

'Himbeerpalast' Umbau

Nach dem Zweiten Weltkrieg verlegte Siemens seine Zentrale von Berlin nach Erlangen. Siemens-Chefarchitekt Hans Hertlein realisierte 1948-53 aus Trümmerziegeln einen großen Komplex mit rötlichem Verputz, daher der Spitzname „Himbeerpalast“. Nun im Besitz des Freistaats Bayern soll der denkmalgeschützte Bau als geisteswissenschaftliches Zentrum der Friedrich-Alexander-Universität der Bildung dienen.
Transsolar übernahm die Aufgabe des energetischen Konzepts mit den wesentlichen Zielpunkten Einsparung von Energie, Effizienzsteigerung und Einsatz erneuerbarer Energien. Die neu zu bauende Bibliothek wird zum Innenhof hin an den Bestand angelehnt. Der große Hof bleibt unbebaut und wird zum Garten, öffentlich zugänglich über Durchgänge im Norden und Süden. Die Decken des Bestands werden teilweise entfernt und neue Treppen eingefügt, die die acht Etagen der Bibliothek miteinander verbinden. Aus den zahlreichen ehemals abgetrennten Siemens-Zellen-Büros wird neuer fließender Raum. Dezentrale Geräte bringen Zuluft in die Seminarräume ein; sie können auch aktiv vorkühlen. Energiebewusst dient die überwachte Luftqualität als Stellgröße für die Frischluftmenge und passt diese stets der aktuellen Belegung an. Die Bibliothek wird mechanisch belüftet, die zentrale Lüftungsanlage ist mit hoch effizienter Wärmerückgewinnung ausgestattet. Die Zuluft kann ohne Kältebedarf über adiabate Befeuchtung der Fortluft gekühlt werden. Für die Büros für Lehrbeauftragte ist rein natürliche Lüftung vorgesehen mit Nachtlüftung und Komforterhöhung im Sommer durch Deckenventilatoren.
Nach Westen ausgerichtet ist die neue Doppelfassadenkonstruktion, deren Sonnenschutz im Fassadenkorridor nicht dem Wind ausgesetzt ist. Diese Fassade ermöglicht eine sehr gute natürliche Lüftung, sowohl tagsüber wie auch zur Nachtluftspülung, dank den Öffnungen in den Geschossdecken, die alle Ebenen der Bibliothek verbinden, und zusätzlichen öffenbaren Dachoberlichtern. Die optimierte Lösung, die Druckwiderstände minimiert, entstand mit Hilfe von CFD-Simulationen im Zusammenspiel mit dem Fassadenplaner.
Da ein Kompromiss gefunden werden musste zwischen Denkmalschutz und möglichst hohem erneuerbaren Anteil der Stromversorgung, deckt PV auf dem Dach den Strombedarf teilweise. Eine angedachte geothermische Anlage konnte nicht verwirklicht werden. Neben dem Anschluss an das Fernwärmenetz nutzen reversible Wärmepumpen / Kältemaschinen als Verschiebewärmepumpen die bei der Kühlung der Serveranlagen anfallende Abwärme zum parallelen Heizen. Der Neubau erhält eine Fußbodenheizung, Heizkörper versorgen weiterhin den Bestandsbereich.
Der „Palast“ wird weiter genutzt, sein ökologischer Fußabdruck ist weitaus geringer als der eines Neubaus, denn ein Großteil der in der Vergangenheit investierten Grauen Energie bleibt bewahrt. Transsolar hat für die Sanierung eine LCA-Bilanz nach Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen erstellt und berechnet, wie viel CO2 zunächst für die Entkernung, Phase C (Entnahme von Bestands-Baumaterialien und Technik) anfällt und wieviel CO2 für die Sanierung, Phase A (neue Baumaterialien, Technik, PV-Anlage). Stoffströme, die die Renovierung verursacht, wurden analysiert. In Sachen CO2-Emissionen amortisieren sich neue Fenster nach ca. 15 Jahren, Innendämmungen nach 3.5 Jahren. Verwertung von Bauteilen konnte teilweise auf dem Sekundärmarkt ermöglicht werden.